Gold-ETFs – physisches Metall oder doch nur Papier?
Nicht nur Edelmetallhändler wurden in den letzten Wochen beinahe leergekauft. Auch Gold-ETFs verzeichneten eine massiv steigende Nachfrage. Kein Wunder, wird bei diesen ETFs doch um das angelegte Geld tatsächlich physisches Edelmetall gekauft. Zumindest theoretisch.
In der Praxis kommen jedoch immer wieder Zweifel auf, ob die vollständige Warendeckung der eingelegten Gelder auch tatsächlich gegeben ist. Beispielhaft sei an dieser Stelle der auf Zerohedge veröffentlichte Bericht der Project Mayham Research Inc. genannt: Silver ETFs: Multiple anomalies detected
Fazit: mehrfache Auflistung von Barren mit den selben Seriennummern, und vor allem eine massive Ansammlung von Barren der gleichen Herstellen des gleichen Gewichts mit beinahe identischen Seriennummern. Und zwar in einer Häufigkeit, die nur mit einer „sehr geringen statistischen Wahrscheinlichkeit“ Zufall sein kann. Subtrahiert man alle Barren mit solchen Unregelmäßigkeiten, schrumpft der zweifelsfrei gesicherte Bestand auf ganze 18%.
Die Auslieferung der Edelmetalle in physischer Form ist bei einem ETF zwar möglich. Abgesehen von den damit verbundenen z.T. nicht unerheblichen Kosten ist diese jedoch an eine Mindestmenge gebunden, die für Otto Normalanleger häufig außer Reichweite liegt. Bei Gold etwa liegt diese idR im besten Fall bei 400 oz, da die ETFs Gold in handelsüblichen 400 oz Barren kaufen und lagern. Bei einigen liegt die Mindestmenge zur Auslieferung allerdings auch deutlich darüber. Auf jeden Fall lohnt sich bezügl. der Auslieferungs-Konditionen ein Blick in die Vertragsbedingungen des ETFs.
Auch Sätze wie „Im Liquidationsfall wird jeder Anteilhaber nur gemäß seines Anteils befriedigt, sollte nicht genügend physisches Material zur Verfügung stehen“ (aus den Bedingungen des ETF der ZKB) sind durchaus dazu angebracht, nachdenklich zu stimmen – sollte doch eigentlich um das angelegte Geld 100% physisches Material gekauft und eingelagert werden und daher auch immer genügend zur Verfügung stehen.
Ein weiteres Argument gegen die Investition in Gold-ETFs ist mit Sicherheit auch die Möglichkeit des Zugriffs durch den Staat. Gemeint ist damit nicht primär die nicht sehr wahrscheinliche aber immerhin auch mögliche Beschlagnahmung, als viel eher die Besteuerung. Gold – in physischer Form – ist anonym, eine Besteuerung von Goldbesitz daher praktisch nicht umsetzbar. Bei ETFs kann sich der Staat jederzeit Zugriff bzw. Einsicht verschaffen und so den Besitz entsprechend versteuern.
Was spricht also noch für ein Investment in Gold-ETFs?
Gerade bei Gold nicht besonders viel. Am ehesten könnte man noch Liquidität und Lagerung anführen. Jedoch kann man auch Goldmünzen und Barren jederzeit ohne größere Probleme verkaufen. Und mit der Lagerkapazität stößt man bei Gold auch nicht besonders schnell an seine Grenzen. Kann man Gold in einer Größenordnung kaufen, in der die Lagerung ein Problem ist, stellt sich die Frage, ob es nicht Sinn machen würde, einen geeigneten Lagerraum dafür zu schaffen. Bei Silber ist die Lagerung aufgrund der geringeren Wertdichte schon viel eher ein Problem.
Am ehesten kann man ETFs wohl dann empfehlen, wenn es bei Edelmetallhändlern und Banken kein physisches Edelmetall mehr zu kaufen gibt. Im September 2008 und zuletzt im Mai 2010 waren viele Edelmetallhändler praktisch leergekauft. Der Ansturm wurde durch politische Taschenspielertricks, welche die Sicherheit der Spareinlagen suggerieren, jeweils recht rasch wieder beendet und so längere Lieferengpässe verhindert. Man muss sich jedoch die Frage stellen, ob das bei der nächsten Krisenstufe, die – besonders im Euro-Raum – möglicherweise nicht allzu lange auf sich warten lässt, wieder der Fall sein wird. In einem solchen Fall kann ein ETF der letzte Rettungsanker sein, der einem vor einer Entwertung der eigenen Ersparnisse noch schützt.